Maßnahmen zur Populations- und Biotopentwicklung

Neben viel Naturbeobachtung, Forschung, Lehre und der Abwehr drohender Eingriffe engagiert sich MIO e. V. auch beim aktiv gestaltenden Naturschutz. Bei einer Vielzahl bereits durchgeführter Maßnahmen ist unser Bestreben, die Lebensbedingungen für Vögel zu verbessern, Wohnraum für Tiere zu schaffen, Biotope zu entwickeln, Artenvielfalt zu begünstigen, die strukturelle Vielfalt auch der lokal verfügbaren Lebensräume bzw. Biotoptypen auszuweiten und nicht zuletzt auch optisch monotone Bereiche ästhetisch zu beleben.
Maßnahmen an den Martinswiehern
Ein Kernstück für MIO - Tätigkeiten sind die Martinsweiher im VSG östlich Niederwalgern, welche Prof. Martin und Amelie Kraft von Holcim-Lafarge mit der Maßgabe der ökologischen Betreuung gepachtet haben. Diese drei Baggerteiche gehen auf eine Probeauskiesung von Lahnwaschkies zurück. Bei der Entwicklung half die ONB z.B. bei Tiefbaumaßnahmen und der örtliche Heimatverein z.B. bei der Konstruktion der neuen Beobachtungshütte am Westteich.
Es sind die Rand- und Übergangszonen, welche häufig die größte Artenvielfalt beherbergen. So brauchen Watvögel (Limikolen) Schlickflächen, in denen sie nach Würmern stochern können.  Deswegen stehen den ganzen Sommer über Wasserbüffel an den Martinsweihern, welche immer für frischen Matsch an den Uferzonen sorgen. Desweiteren wird ausgelichtet, wenn die Verbuschung der Uferzonen Überhand nimmt.  Uferschwalben und Bienen-fresser brauchen sandige Steilhänge, um ihre Brutröhren hineinzugraben. Solche gibt es im Marburger Land von Natur aus kaum, aber an den Kanten der Auskiesung sind sie idealtypisch vorhanden. Mit einem eigens konstruierten Bohrer werden vor dem Eintreffen der Uferschwalben schon einige Löcher in der Sandwand vorbereitet, welche stets dankend angenommen und erweitert werden.

"Gemeinsam sind wir stark", so lautet das Motto des MIO. Während wir am Sonntag den 08.04.2018 in Zusammenarbeit mit Uwe Haun und Martin Späth vom HGON-Arbeitskreis Limburg-Weilburg 5 Schwimminseln ausbrachten, halfen uns gestern Thorsten Beliza, Philipp Lübke & Jörg Scheidemann von der Cappeler Feuerwehr, einen von Schülern der Marburger "Adolf-Reichwein-Schule" gebastelten Storchenkorb sowie einen von uns gebauten Turmfalken-Nistkasten an 2 Masten an den Martinsweihern bei Niederwalgern zu montieren! Dabei schauten unsere Brutstörche "Lady & Hänsel" gelassen zu, und "Agathe & Wilhem" strebten unter mächtigen Frühlingsgefühlen dem Nordostteich zu. Gleich 2 Kuckucke begrüßten unseren kooperativen Einsatz für die Natur!
Es wird auch immer wieder erforderlich zu stark verbuschte unmittelbare Uferbereichr freizuschneiden und die Hinweisschilder zu erneuern, was ebenfalls von ehrenamtlichen Helfern mit viel Einsatz bewerkstelligt wird.
Maßnahmen am Frischwassersee / Baggerteich Niederweimar
Dieses Gebiet zeichnet sich ebenfalls durch einen enormen Reichtum an Wasservögeln und Limikolen aus. Besonders brüten hier viele Zwergtaucher und sind u. a. sehr häufig Waldwasserläufer und Flussuferläufer zu sehen. In den umgebenden Weidengehölzen bestand in den letzten Jahren Juli-August ein Schlafplatz für bis zu 20 000 Stare.  Auch hier wurden Schwimminseln eingebracht, u.a. am 12.06.2018 und eine Storchenbrutplattform auf einen Gittermast montiert, s.u.
Konstruktion und Montage von Brutplattformen für Milane und Störche
Eine Metallbauklasse der Adolf-Reichwein-Berufsschule hat wahre Meisterleistung bei der Konstruktion von Nistkörben an den Tag gelegt. Die freiwillige Feuerwehr Marburg Cappel konnte Übungen für Rettungen aus Bäumen mit der Montage der Nisthilfen vereinbaren und einige Eigentümer stellten ihre Bäume und zugehörigen Grundstücke zur Verfügung. Wieder sind es die Übergangsbereiche, welche auch zwischen Wald und Feldflur die attraktivsten Lebensräume bieten. An den Rändern von Wäldern und Gehölzbeständen, im Traufbereich längs der Waldwege bilden sich die reichhaltigsten Lebensgemeinschaften heraus. Solche wurden hier im Bereich Ronhausen bedacht. Auf der 2018 an den Baggerteichen Niederweimar aufgestellten Plattform brütete 2020 das erste Storchenpaar. Wir danken allen Beteiligten außerordentlich!
Ganzjährige Vogelfütterung
Seit vielen Jahrzehnten forscht Prof. Kraft über die Auswirkung ganzjähriger Fütterungen auf die Populationsdynamik, Biologie und Ökologie freilebender Vögel. Dies war bereits Thema seiner Dissertation. U.a. führte ein reichhaltiges Nahrungsangebot zum Verschwimmen und Verschwinden von Reviergrenzen und deutlich weniger aggressivem Revierverteidigungsverhalten bei Kohl- und Blaumeisen. Es ist die längste Studie, die in Deutschland zu diesem Thema durchgeführt wird. Im Ergebnis sind diese Fütterungen nicht nur unschädlich für Vögel, weder für die Jung- noch für die Altvögel. Ganzjährige Fütterung ist sogar nützlich, wenn man das richtige Futter anbietet. Im Frühling brauchen die Vögel viel Eiweiß, aber auch Fette und Kohlenhydrate für Brut und Jungenaufzucht. Im Spätsommer brauchen Vögel besonders Nahrung, um sich die Fettreserven für den Wegzug anzufuttern. Die im Frühjahr 2020 am Bakterium Suttonella ornithocola gestorbenen Blaumeisen wurden übrigens nicht nur an Futterstellen, sondern auch in Feldgehölzen und im Wald gefunden. Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die glasklar beweist, dass ganzjährige Vogelfütterungen nachhaltige Schäden für Vögel bewirken. Wichtig ist, das richtige Futter anzubieten und Futterstellen und Wassertränken sauber zu halten. Dann erfreut man sich an kerngesunden Vögeln. An den Martinsweihern verfütterte MIO e.V. im Jahre 2018 beispielsweise 201 kg Vogelfutter im Wert von 254 € (Haferflocken, Mischkörner, Meisenknödel, Fett, Würmer- und Insektenriegel).
 
  Links ist ein Feldsperling zu sehen, oben
  Kohlmeise, außen jeweils Blaumeise
  alle Bilder © M. Kraft
Vereinseigene Blühwiesen am Afföller
Nach einem ausgesprochen günstigen Angebot konnte MIO e. V. im September 2016 je eine 1175 m² und eine 2979 m² große Wiese am Afföller in Randlage zwischen Autobahn und Radweg erwerben. Auch hier handelt es sich um einen Typus von Rand- und Übergangsbereich, welcher in seiner ökologischen Bedeutung unterschätzt wird. Von den vielen Bäumen am Rand gehören nur 3 kleinere dazu. Aufgrund nunmehr nur noch ein bis zweimaliger Mahd im Jahr konnte sich eine ausgesprochen reichhaltige Blumen- und Kräuterpracht entwickeln. So siedelte sich hier ganz von alleine der Große Wiesenknopf an, die so wichtige Wirtspflanze für die Schmetterlinge Heller und Dunkler Wiesenknopf Ameisen-bläuling mit höchstmöglichen Schutzstatus, nämlich durch Anhang II der FFH-Richtlinie. Wenn auch noch kein Bläuling hier gesichtet wurde, so sind bereits Reserveflächen für den Großen Wiesenknopf außerordentlich wichtig, damit sich diese Pflanze nach Verlusten immer wieder neu auch an solche Stellen ausbreiten kann, wo auch die Bedingungen für Wirtsameise und Bläuling optimal sind.  Einen gewissen Arbeitsaufwand erforderte die Räumung einer vom Frühjahrssturm umgeworfenen Pappel in 2017. Mitglied Dr. Jürgen Friesen sei an dieser Stelle außerordentlich gedankt.
Ersatzpflanzungen von Bäumen im Vitos-Park Cappeler Straße
Nach den beiden botanischen Gärten ist in Marburg der Park der Psychiatrischen Landesklinik wohl in Größe und Schönheit der Dritte im Bunde. Wie generell in Marburg wird auch hier unseres Erachtens die Verkehrssicherungspflicht eher etwas weit und zu Ungunsten - durchaus noch mit einigen Stützmaßnahmen sicher erhaltensfähiger - vielfach über hundertjähriger Bäume ausgelegt. Ein anderes Kapitel sind noch die Übergriffe auf die Grünsubstanz für Neubauten. Den Begehrlichkeiten der Immobilienentwickler mußten so 2 ha 40-jähriger Roteichenwald, etwa 20 Apfelbäume und eine Gruppe von 4 sehr alten Stieleichen mit Specht- und Fledermaushölen weichen. Das Engagement für den Vitos-Park war stand quasi Pate bei der Gründung von MIO e. V., wir engagierten uns entwsprechend, vergleiche Menüpunkt "Veröffentlichungen-->Gutachten". Jedenfalls waren wir gerne für umgehende Ersatzpflanzungen von etwa 12 Bäumen zur Stelle.
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