Rotlauf

Rothlauf
Die Rothlauf-Formation als Südausläufer der Marburger Lahnberge mit ihren überwiegend bis zum Fuß bewaldeten Hügeln grenzt unmittelbar östlich an das VSG "Lahntal zwischen Marburg und Giessen" (siehe -> Tätigkeiten -> Monitoring VSG Lahntal) an. In der Mitte ist die Ortslage Wolfshausen und südlich die Wolfshäuser Feldflur mit reichhaltigen Hecken und Streuobstbereichen und einer saisonal vernässenden Talwiese zwischengeschoben. Nördlich der Ortslage Wolfshausen reichen die ehemaligen Wolfshäuser Sandsteinbrüche bis auf 2/3 der Höhe. Hier ist seit Jahren ein Uhu-Brutpaar etabliert und die Steinbrüche wären faktisch dem speziell dem Uhu gewidmeten bislang 15-teiligem VSG "Steinbrüche Mittelhessens" zuzurechnen. Die naturräumlichen Wechselbeziehungen sind außerordentlich vielfältig. Der Landeanflug im Herbst ins VSG konzentriert sich über der Rothlauf-Formation, analog der Abflug nach der Frühjahrsrast. Zudem wechseln unzählige rastende und brütende Wat- und Wasservögel wie auch Greife über die Rothlauf-Formation zwischen den Feuchtgebieten im Lahntal und im Bereich Amöneburger Becken - Ebsdorfer Grund.
Im November 2017 wurden Pläne der Firma WPD zum Bau von Windrädern in VRG3135 im Interessentenwald in den Gemarkungen Marburg-Ronhausen und Weimar-Wolfshausen bekannt und bildete sich die MIO-Ortsgruppe Wolfshausen (siehe dort). Zuerst erstellte projektiererseitig offenbar das Büro TNL Umweltplanung Hungen Bernshausen (ehemals PNL) mit Herrn Dietmar Jürgens als Subkontraktor ein Artenschutzgutachten. Im Februar 2019 reichte MIO e.V. unabhängig und in Unkenntnis jener Vorbefunde ein eigenes Artenschutzgutachten und sUVP-VP beim Regierungspräsidium Giessen ein (siehe -> Veröffentlichungen -> Gutachten).
Im Jahre 2020 ist nunmehr erneut das Gutachtenbüro Jürgens, Giessen (für den NABU im Naturschutzbeirat Kreis Giessen und dort Kreisbeauftragter für Vogelschutz) bei Untersuchungen vor Ort zu beobachten, dieselben, welche für WPD auch im Dreihäuser Wald (Seift) tätig waren und sind. Seit September 2019 ist am Standort WEA1 ein 140 m hoher Windmeßmast plaziert mit 9 Messpropellern auf unterschiedlichen Höhen. Diese Goldstandardmethode dient der Kalibrierung indirekter Messungen mittels Lidar, durchaus in weiterem Umkreis. Ein solches Gerät ist ebenfalls seit Ende 2019 auf der Wiese nordöstlich vom Ortsrand Ronhausen plaziert.
Am 07.06.2020 fand sich eine Stelle, von der aus zumindest Teile des Horstes durch das dichte Blattwerk einsehbar waren. Die beiden Jungvögel machten schon recht viele Flatterübungen mit ihren Flügeln und turnten im Nest herum. Die Altvögel wechselten sich ab, Nahrung heranzuschaffen. Dieser Horst Nr. 57 ist lediglich 305 m vom geplanten WEA-Standort entfernt. ©  A. Matusch
18.07.2020
Am Standort Süd ist mindestens einer der beiden Jungvögel auch flügge geworden. Unweit des Horstes fanden sich leiderüber 30 abgebrochene Großfedern eines Altvogels und Unmengen Kleingefieder. Dies deutet darauf hin, dass einer der beiden Elternvögel Opfer eines Fuchses, Uhus oder Ähnlichem wurde. So etwas ist eigentlich nur bei Vorschädigung des Opfers erklärlich. Auch ein nicht sofort letaler Rotorschlag durch die jeweils weniger als 1500 m entfernten Hassenhäuser WEA1 bzw. 2  kommt in Frage.

Am Standort Nord sind erfreulicherweise beide Jungvögel flügge geworden und die Eltern leben noch.
Anmerkungen zu Fotos von belegten Horsten
MIO e. V. spricht sich klar gegen die Fotografie von Vögeln im Nest aus, da Brut und Aufzucht maximale Ruhe genießen sollten. Leider kam es – wie bundesweit –auch im Marburger Raum immer wieder zu Übergriffen von Windkraftprofiteuren auf Horstbäume. Im Bereich Rothlauf/Ronhausen wurden Horstbäume gefällt (672672540SIzim UNB Marburg, Vorfall von 2015) bzw. ein fahrbarer Hochsitz vorsätzlich unter einem besetzten Rotmilanhorst geparkt (mindestens vom 30.04. bis 16.05.2018, Az 4 Js 7327/18 StA Marburg). Obwohl anhand des Anhänger-Kennzeichens der Störer identifiziert wurde, und auch zugab, ihn dort plaziert zu haben, konnte er sich mit der Behauptung herauswinden, der Horst sei nicht besetzt gewesen. In Dagobertshausen (11.04.2019) und Niedersasphe (2019) gab es Brandstiftungen unter Rotmilanhorsten. Ebenfalls wird in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten der Lokalisierung von Brutrevieren allein durch Beobachtung von Balzflügen, Eintrag von Nistmaterial, Ein- und Ausflügen und schließlich Kreisen von Jungvögeln nicht immer gebührend Gewicht beigemessen, sofern diese nur von Einzelpersonen ohne Belegphotos berichtet wird (z. B. VGH Kassel 9 B 2184/13 vom 29.01.2013 und 9 B 1607/15 vom 21.12.2015). Daher fertigt MIO e.V. in wenigen Einzelfällen Belegphotos nur solcher besetzter Horste, die erheblich durch Windkraftprojekte gefährdet sind, zu deren Schutz. Dies geschieht störungsfrei mittels Digiskopie aus über 100 m Abstand höchstens einmal zu Beginn der Brut und ein zweites Mal kurz nachdem die Jungvögel flügge geworden sind durch
eine Lücke im Blätterdach mittels Fernauslöser. Der Fotograf ist dabei für die Vögel unsichtbar. Grundsätzlich nähert sich nur eine einzige Person kurzzeitig zur Positionierung und Entfernung des Kameraspektivs ggf. dichter als 300 m an.

Verbote der Nestfotographie in 4 Bundesländern, RP, SA, SH, TH

Eine alte, vor dem 18.12.2007 gültige Fassung des BNatSchG enthielt im damaligen § 42 ein „Verbot der Störung durch Aufsuchen, Filmen, Fotografieren oder ähnliche Handlungen der streng geschützten Arten und europäischen Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten“. Diese Regelung ist mit Wirkung vom 18.12.2007 entfallen, es sind nunmehr lediglich „Erhebliche Störungen während der Fortpflanzungs- Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten“ verboten. „Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert.“ Des Weiteren ermächtigt nunmehr § 54 VII das Bundesumweltministerium zum „Erlaß von Vorschriften zum Schutz von Horststandorten“. Eine solche Bundesverordnung wurde bislang nicht erlassen. Somit gelten einige landesrechtliche Verbote fort. In untenstehender Tabelle sind die Regelungen zum Horstschutz in den Landes(ausführungs-)gesetzen zum Naturschutz aufgeführt, Stand 15.07.2020. Eine Überprüfung zwischenzeitlicher Änderungen der Gesetzeslage, sowie lokaler Regelungen im Rahmen von Schutzgebietsverordnungen oder auf Landkreisebene (Sachsen) wird angeraten.
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