Roßberg

Pressemeldung, Rossberg 27.05.2020 (A.M.):
Nachwuchs bei Störchen, Milanen & Co.
Bei Singvögeln, Weißstorch, Rot- und Schwarzmilan, Turmfalken, Haubentaucher, Blässhuhn, Flussregenpfeifer und co. wird derzeit fleißig gebrütet, geschlüpft, gefüttert und herangewachsen. Junge Weißstörche sind in Niederweimar zwischen Kreisel, Baggerteich und B3a, an den Martinsweihern Niederwalgern, nördlich Fronhausen, erstmals gegenüber der Goldmühle östlich Erbenhausen, nordöstlich Hachborn und an der Radenhäuser Lache sowieso zu bestaunen und gegenüber der Kirche in Ebsdorf sogar über eine webcam, unter http://storchencam-ebsdorf.hauer.it/
Ein Weißstorch aus dem Südkreis sah man diesen Mai auch immer wieder über die Marburger Oberstadt hinwegziehen. Noch in den Achtziger Jahren musste man nach Willingshausen-Lohshausen in der Schwalm oder in den Hessenpark bei Neu-Anspach fahren, um brütende Weißstörche zu sehen.
Gemessen am zutraulichen Weißstorch ist der scheue Schwarzstorch eine Rarität. Er brütet sehr zurückgezogen und gut versteckt in Wäldern und sucht seine Nahrung u.a. an waldnahen Bachläufen, Feuchtgebieten und Wiesen. Derzeit sind im Marburger Land auch immer wieder überfliegende Schwarzstörche zu sehen. Für die Verhinderer von Windkraftprojekten ist ein Schwarzstorch so etwas wie ein Supertrumpf. Das Helgoländer Papier der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten 2015 (berichte zum Vogelschutz Band 51, 2014) - maßgeblich für Genehmigungsbehörden und Verwaltungsgerichte - fordert 3 km Mindestabstand um die Horste und einen Prüfbereich von 10 km welcher auf regelmäßig genutzte Flugrouten, Nahrungsflächen und Schlafplätze untersucht werden muss. Der zweithöchste Trumpf der Mittelgebirgsregion - quasi das Arbeitstier der Windkraftverhinderung - ist der Rotmilan. Hier werden 1,5 km Tabuzone und 4 km Prüfradius (dem hessischen Windkraftleitfaden zufolge noch 6 km) gefordert. In der Tat wurden als Kollisionsopfer unter den Großvögeln nach dem Mäusebussard (630 Individuen) am häufigsten Rotmilane (532 Individuen) unter Windrädern gefunden, Schwarzstörche 4, von insgesamt 4196 gemeldeten Totfunden, Stand 07.01.2020 (deutschlandweit zentrale Schlagopferkartei bei der Vogelschutzwarte Brandenburg, https://lfu.brandenburg.de/media_fast/4055/wka_voegel_de.xls). Die Gesamtbestände in Deutschland wurden 2015 auf 107.000 Brutpaare, 15.000 Brutpaare bzw. 700 Brutpaare geschätzt (Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, in Berichte zum Vogelschutz 52/2015, Seiten 19-67). Die tatsächliche Bestandsentwicklung im mittlerweile von Windrädern übersäten Brandenburg und sämtliche Szenarien aus Modellrechnungen deuten darauf hin, dass bei weiterem Zubau - zumal im derzeit noch als Spender- bzw. Quellregion fungierenden Hessen - die Schlagopferverluste nicht mehr durch Geburtenüberschuss ausgeglichen werden können. Über ein wissenschaftlich komplett unterschiedliches Verfahren kam Prof. Dr. Martin Kraft von MIO e.V. zu ähnlichen Ergebnissen: Seine Mitarbeiter und er haben Kollisionsereignisse an Windrädern über viele Jahre direkt fernoptisch beobachtet. Unter 3507 gesehenen Ereignissen kollidierten 39 Mäusebussarde, 33 Rotmilane und 9 Schwarzstörche jeweils lebensgefährlich (Vögel – Magazin für Vogelbeobachtung Heft 1/17 Seiten 50-53). Das Helgoländer Papier greift nach Ansicht von MIO e.V. insofern zu kurz als 1) die meisten Schlagopfer nicht während der Brutzeit sondern auf dem saisonalen  Wegzug –je nach Art schon ab Ende Mai
bis Dezember - bzw. Heimzug – je nach Art ab Januar bis Mai - anfallen 2) es sich während Brut und Jungenaufzucht nicht um Pendelflüge zwischen Horst und Nahrungshabitat, sondern vielmehr um Dreiecksflüge handelt. Vom Horst wird zunächst eine Aufwindsäule - idealerweise an nackten windzugewandten Hängen - angeflogen, wo der Vogel sich hochschraubt. Es folgen ausgedehnte - kilometerlange Nahrungssuchflüge. Dort wo gerade eine Wiese gemäht oder ein Acker umgebrochen wird, werden tiefere Kreise gezogen und sobald sie erspäht ist, sich auf die Beute gestürzt. Alternativ wird anderen Vögeln gerade ergatterte Nahrung entwendet. Diese Kleptoparasitismus genannte Verhaltensweise soll mitunter auch im Wissenschaftsbetrieb zu beobachten sein. Mit gefangener Beute wird der Horst und ohne Beute erneut die Aufwindsäule angeflogen. Daneben kommen auch Flüge zur Überwachung des Reviers und zur Vertreibung von Rivalen bzw. Nesträubern wie Krähen vor. Mitunter fliegen Vögel auch sinnfrei durch die Luft -schlicht weil sie es können!
Ähnlich wie die genaue Verortung eines Knochenbruchs mindestens Röntgen in zwei Ebenen erfordert, können Flugbewegungen von Vögeln genauer auf der Landkarte nachgezeichnet werden, wenn sie von mehreren Leuten an unterschiedlichen Standorten beobachtet werden. Hierzu stehen am Pfingstmontag Vogelfreunde aus dem Ebsdorfergrund und dem Lumdatal nun schon zum wiederholten Male an sommerlichen Tagen auf Anhöhen um den dortigen Höhenzug. Ein Ergebnis waren erstaunlich viele Flugbewegungen von Rotmilanen über dem Waldgebiet, welches von zahlreichen gut einsehbaren Lichtungen, Schneisen, Feuchtgebieten und Kahlschlagflächen durchsetzt ist.
Derweil brüten auf Nistinseln mitten in den Martinsweihern Haubentaucher und Blässhühner, in der Uferzone Flussregenpfeifer und in Kästen an Gittermasten sind junge Turmfalken geschlüpft. Sehenswert ist auch die Graureiherkolonie um den Fichtenbestand am Südostrand von Wehrshausen herum, am besten von der Straße "Über der Kirch" in Höhe Haus Nr. 8 aus zu sehen. In der Ebsdorfergrund-Lumdatalregion gibt es einen Rotmilanhorst in welchen man von einer Anhöhe schräg von oben hereinschauen kann. Ein Junges hat sich bereits photogen gezeigt. Es lief bisher gut für die Vögel dieses Jahr.
Nach einer sehr ergiebigen Erfassung der Flugbewegungen von Rotmilanen und Schwarzstörchen über dem Höhenzug der Seift durch 5 Beobachterteams gestern, wurde heute noch ein Baumfal- kenrevier im Bereich der großen Fichtenschonung entdeckt. Beide Elternvögel wurden gesichtet. Das Belegphoto rechts entstand in Gegenwart von zwei Zeugen mit 3078 mm Brennweite aus 350 m Entfernung um 15h10 bei schrägem Gegenlicht, Wind und Hitze-flimmern. Zwischen 18h30 und 19h15 wurden in dem Bereich noch u.a. ein männlicher Neuntöter beobachtet, welcher von Wipfel zu Wipfel der 2-3 m hohen Jungbäume hüpfte und dort jeweils einige Minuten in der Sonne verweilte. Außerdem wurden Grün- und Schwarzspecht, Fitis, Zilpzalpe, Singdrossel, Amseln, Zaunkönig, Kleiber, Mönchsgrasmücke, Kohl- Tannen- und Blaumeise, Gimpel und Buchfinken angetroffen. Südlich der Moorackerwiese wurden zwei Schwarzspechte gesehen und gehört (02.06.2020).
02.07.2020 Im gesamten Waldgebiet zwischen Sickler Teich und Teich auf der Moorackerwiese findet derzeit starke Wanderung von Erdkröten (bufo bufo) und Grasfröschen statt. Es wurden über 1000 Individuen gesichtet. Gezeigt ist eine diesjährige Erdkröte © H. Weimer
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